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Exchange for Sustainability

Der Deutsche Weg des Dauerwalds - ein Modell für Russland?

von Ekatherina Nevmerzhitskaya und Nikolay Nevmerzhitsky, Russland

Wir sind seit mehr als 10 Jahren in der Forstwirtschaft tätig. Während unserer Arbeit, vor allem in der forstlichen Praxis, tauchten viele Fragen auf, auf die wir leider noch keine Antworten finden konnten. Und das Wichtigste, worüber wir uns ständig Gedanken machten, war, wie sehr sich all  unsere Aktivitäten im Wald auf die Waldbestände auswirken. Wir haben Zweifel, ob die Forstwirtschaft, die noch immer einem größtenteils der Tradition der Sowjetunion entstammenden Konzept folgt (größtenteils Kahlschlag, dann künstliche Wiederaufforstung), der richtige Ansatz für die Forstwirtschaft in Russland ist. Die rigiden Vorgaben der staatlichen Forstverwaltung schreiben weitgehend unabhängig von den tatsächlichen  Bedingungen (Wachstumsbedingungen, Baumartenzusammensetzung, Standort usw.) bestimmte forstliche Maßnahmen vor, die anhand von  festgelegten handlungsorientierten Indikatoren bemessen und kontrolliert werden. Diese, aus unserer Sicht mit dem Getreideabbau vergleichbaren  standardisierten Herangehensweise, lässt keine Berücksichtigung waldbaulicher und standortspezifischer Faktoren zu. Maßnahmen werden oftmals nur durchgeführt, um die staatlichen Vorgaben zu erfüllen.

Dabei haben wir kaum Möglichkeiten, unsere Waldbestände in eigener Regie zu führen oder Strategien auszuprobieren bzw. anzuwenden. Die  staatliche Kontrolle beschränkt sich auf die Einhaltung der Vorschriften zur Erreichung einer bestimmten Einschlagsmenge und zur künstlichen Wiederaufforstung der Flächen innerhalb festgelegter Fristen. Jeder Versuch, eine aus unserer Sicht sinnvollere forstliche Bewirtschaftung  durchzuführen, stößt an die Grenzen der staatlichen Vorgaben und wird, missverstanden als Vergehen wie z.B. illegaler Einschlag verurteilt und geahndet.

Daher ergeben sich für uns folgende Fragestellungen:
- Sind das derzeitige Bewirtschaftungssystem und die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Forstwirtschaft unseres Landes (unserer Region) zielführend?
- Wie lässt sich gegnüber den Behörden (Forstadministration) ein ausreichend großer Eintscheidungsspielraum für eine sinnvolle Waldbewirtschaftung erreichen?


Wir sind seit Beginn unserer Arbeit in der Fortwirtschaft bestrebt, die Situation zu verbessern. Wirkliche Veränderungsprozesse erfordern allerdings einen längeren Zeithorizont. Wir, und auch unsere Kollegen in den staatlichen Behörden, hatten noch nicht ausreichend Zeit, um  Erfahrungen in der Umsetzung waldbaulicher Strategien zu sammeln und entsprechende Konsequenzen zu ziehen, bzw. fließen Erkenntnisse aus der forstlichen Praxis bisher kaum in die Gestaltung der Rahmenbedingungen ein.

Aufbauend auf den Erkenntnissen, die wir während unseres Praktikums in Deutschland gewonnen haben, haben wir für uns folgende Aufgabenfelder entwickelt:
1. Übergang zu selektivem Fällen in reifen und überreifen Beständen, Wachstumszeit der Zielbäume reduzieren, Reduzierung von Kahlschlagflächen.
2. Reduzierung der Fläche der künstlichen Verjüngung durch den Erhalt des Unterstands während der Holzernte bzw. gezielte Ausweitung der natürlichen Verjüngung.
3. Verbesserung der Waldpflege und selektives Fällen mit entsprechender Mechanisierung.
4. Säuberung der Einschlagflächen vor der Anpflanzung: Verwendung von Methoden, die die Umweltbelastung minimieren.
5. genauere und rückverfolgbare Erfassung von geschlagenem Holz für den Holzverkauf.
6. Gezielte Eingriffe (Sanitärhiebe, Waldpflege) um die Gesundheit des Bestandes zu erhalten.
7. Kontinuierliche Forsteinrichtung: Erfassung, Speicherung und Auswertung relevanter Daten zum Zustand der Waldbestände und Aufbau der forstlichen Planung auf den Daten.
8. Illegale Entsorgung von Müll auf Flächen des staatlichen Waldfonds: Wirksame Maßnahmen gegen Rechtsverletzer und Vorbeugung durch Information der Bevölkerung.
9. Schäden an Waldplantagen durch Wildtiere: Zusammenarbeit mit Nutzern von Jagdlizenzen, Vermeidung von Schäden am Waldbestand.
10. Schaffung und Erschließung von ökologisch wertvollen Standorten für die Information und Bildung der Bevölkerung.

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